Sicherheitsgesetz in Hongkong

Achim Halfmann

Die Entwicklungen in Hongkong bewegen viele Menschen im Westen. Als „Gesichter der Demokratiebewegung“ stellen sich die jungen Aktivisten Joshua Wong und Glacier Kwong gegen den zunehmend autoritären Einfluss Chinas auf der Inselmetropole, der bei ihrer Übergabe an China 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt wurden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Seit Ende Juni erlaubt ein von China verabschiedetes sogenanntes Sicherheitsgesetz den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten in Hongkong, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Verstöße können mit lebenslanger Haft geahndet werden. Wie schützen westliche Unternehmen ihre Mitarbeiter dort?

Wer in China gute Geschäfte tätigen will, sollte sich mit Kritik an der Staatsführung zurückhalten. Im vergangenen Oktober entschuldigte sich das französische Luxusmodehaus Dior bei China für eine geografische Karte ohne die Insel Taiwan. Im Dezember nahm der chinesische Staatssender CCTV nach Kritik von Ex-Nationalspieler Mesut Özil an der Uiguren-Verfolgung ein Spiel von dessen Mannschaft FC Arsenal aus dem Programm. Bereits im August 2019 hatte der Chef der in Hongkong ansässigen Fluggesellschaft Cathay Pacific, Rupert Hogg, seinen Rücktritt eingereicht, nachdem die Luftfahrtbehörde der Volksrepublik die Airline angewiesen hatte, Teilnehmer der Proteste in Hongkong weder auf Flügen Richtung Festland-China noch durch den chinesischen Luftraum als Mitarbeiter einzusetzen. In Hongkong kam das sogenannte Sicherheitsgesetz inzwischen mehrfach zur Anwendung, aus westlichen Unternehmen sind dazu bisher nur verhalten Stimmen zu hören.

„Klima der Angst und der permanenten Bedrohung“

Anders ist das bei zivilgesellschaftlichen Organisationen. Im September schloss die deutsche Friedrich-Naumann-Stiftung ihr Büro in Hongkong. Wegen des neuen Sicherheitsgesetzes könne die Stiftung die Sicherheit ihrer Mitarbeiter nicht mehr garantieren, teilte die FDP-nahe Stiftung mit. Ein Mitarbeiter habe bereits aus Sorge um seine persönliche Sicherheit die Naumann-Stiftung verlassen. Von vier verbliebenen Mitarbeitern habe sich die Stiftung nun “zu deren Sicherheit leider trennen” müssen. „In Hongkong herrscht heute ein Klima der Angst und der permanenten Bedrohung“, so die Stiftung. Wer sich in Hongkong für Demokratie und für Freiheit einsetze, begebe sich in Gefahr. „Diesem Risiko können und wollen wir unsere Mitarbeiter und Partner nicht aussetzen. Deshalb bleibt uns nur dieser Schritt, den wir sehr bedauern“, erkläre Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung. Als ausländische Einrichtung stand die Stiftung besonders im Fokus der Behörden und des neuen Gesetzes.

Das Schweigen zahlreicher Unternehmen

Wirtschaftliche Akteure sind bei der Beurteilung politischer Entwicklungen naturgemäß zurückhaltend. Was aber, wenn es um den Schutz der (Meinungs-) Freiheit insbesondere der einheimischen Mitarbeiter geht? Auf CSR MAGAZIN-Anfrage bat ein UBS Europe-Sprecher „um Verständnis, dass wir uns zu diesem Themenkomplex grundsätzlich nicht öffentlich äußern.“ Bei der Alba Group befanden „sich die entsprechenden Ansprechpartner im Urlaub“. Viele Unternehmen äußerten sich nicht.

Weitere Maßnahmen nicht ausgeschlossen

Der Handelskonzern Aldi bekennt sich zu seiner Verantwortung für seine Mitarbeitenden in Hongkong. Für die Aldi CR-Support Asia, ein Joint Venture von Aldi Nord und Aldi Süd, erklärte der Konzern zur Lage in Hongkong: „Auf operativer Ebene gibt es derzeit keine Auswirkungen auf unsere Geschäftstätigkeiten in dieser Region. Dennoch prüfen und diskutieren wir die weiteren Entwicklungen vor Ort, um im Sinne der Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reagieren zu können.“ Beim Handelskonzern Metro sitzt deren Beschaffungsgesellschaft – Metro Sourcing International – mit ihrem Hauptsitz und 250 Mitarbeitern in Hongkong. Der Konzern wahre die Meinungsfreiheit seiner Mitarbeiter. Die Sprecherin weiter: „Auch geben wir keinerlei Mitarbeiterdaten an staatliche Behörden oder andere Stellen weiter, welche Rückschlüsse auf politische Einstellungen oder Aktivitäten zulassen.“ Und auch die Metro beobachtet die Situation und will bei Bedarf Maßnahmen zur Sicherheit ihrer Mitarbeiter treffen.

Siemens-Chef Kaeser beobachtet die Entwicklung mit Sorge

Deutlichere Worte findet der Siemens-Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser: „Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen in Hongkong, aber auch in der Provinz Xinjiang aufmerksam und mit Sorge“, erklärt er in einem Statement für die Wochenzeitung Die Zeit (Ausgabe vom 9. September), die dem CSR MAGAZIN im Original vorliegt. In der Provinz Xinjiang wird China für seinen Umgang mit der Volksgruppe der Uiguren kritisiert. Die deutsche Wirtschaft könne damit umgehen, wenn sich China weiter an die Vereinbarung „Ein Land, zwei Systeme“ halte. Kaeser weiter: „Es ist aber in der Tat ungewöhnlich, dass eine klare Bestätigung dieses Verständnisses durch China schon seit einiger Zeit nicht mehr erfolgt ist.“ Mit Blick auf den Sonderstatus Hongkongs erwarte er von der Volksrepublik vertrauensbildende Zeichen: „Gewalt zu vermeiden, die Meinungsfreiheit zu achten und Lösungen im Rahmen eines offenen Dialogs auf der Basis geltenden Rechts zu finden“.

Zur Frage nach dem Schutz der Mitarbeiterdaten erklärte ein Siemens-Sprecher: „Wir treffen nicht nur auf Unternehmensseite entsprechende Vorkehrungen, sondern sensibilisieren und schulen auch unsere Mitarbeiter im Hinblick auf mögliche Risiken und deren Vermeidung.“

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