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Kardio-Onkologie

Eine Vielzahl klassischer und moderner onkologischer Therapien weist ein signifikantes kardiovaskuläres (KV) Nebenwirkungspotenzial («Kardiotoxizität») auf.
Die Kardio-Onkologie hat die sichere Verabreichung der onkologischen Therapie (Chemotherapie, zielgerichtete molekulare Therapie, Hormon-, Immun- oder Strahlentherapie) mit der geringsten Rate an KV Nebenwirkungen als oberstes Ziel.
Entsprechend umfasst die Kardio-Onkologie ein breites Patientenspektrum und betreut diese VOR, WÄHREND und NACH der onkologischen Therapie.

 

VOR geplanter potentiell kardiotoxischer, onkologischer Therapie

Hier ist die Risikobeurteilung für KV Nebenwirkungen extrem wichtig. Patienten- und Therapie-spezifische Faktoren (Tabelle 1) spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Online-Risiko-Kalkulatoren (ESC oder www.cancercalc.com) helfen bei der Abschätzung des Risikos.

Tab. 1: Faktoren, die das Risiko für eine KV Nebenwirkung erhöhen
Patienten-spezifische Faktoren Therapie-spezifische Faktoren
KVRF

  • arterielle Hypertonie
  • Diabetes mellitus
  • Nikotinabusus
  • Hypercholesterinämie 
Substanzklasse / Präparat (siehe auch Tabelle 2)

 

Vorbestehende KV Erkrankung

  • Koronare Herzkrankheit
  • Herzklappenerkrankung
  • Herzrhythmusstörung, z. B. Vorhofflimmern
Kombinationstherapie (z.B. sequentiell Anthrazyklin-haltige Therapie gefolgt von HER2-gerichteter Therapie)
Onkologische Therapie in der Vergangenheit mit potentiell kardiotoxischem Potenzial Begleitmedikation und pharmakologische Interaktion

WÄHREND einer laufenden onkologischen Therapie

Monitoring

Für 13 verschiedene onkologische Therapien (Tabelle 2), die passager oder dauerhaft zu einer Cancer therapy related cardiac dysfunction (CTRCD) führen können, bietet die ESC-Guideline klare Surveillance-Empfehlungen.

Tab. 2
Wichtige Substanzklassen mit erhöhtem Kardiotoxizitätsrisiko
Anthrazykline Bruton Tyrosinkinase-Inhibitoren
Her2-gerichtete Therapien RAF-MEK Inhibitoren
Immuncheckpoint-Inhibitoren Zell-basierte Therapie (CAR-T und TIL)
VEGF/R gerichtete Therapien Stammzelltransplantation
BCR-ABL Tyrosinkinase Inhibitoren Androgen-Deprivations-Therapien
Fluoropyrimidine Radiotherapie
Proteasom Inhibitoren  

Im Fall einer aufgetretenen KV Komplikation (CTRCD)

Häufigere KV Komplikationen sind:

  • Linksventrikuläre Dysfunktion
  • Thromboembolische Ereignisse
  • Herzrhythmusstörungen
  • Blutdruckentgleisungen 

Abhängig vom Schweregrad der KV Komplikation muss im engen interdisziplinären Austausch über das jeweilige therapeutische Vorgehen entschieden werden: «onkologische Therapie fortführen, pausieren versus stoppen?». Wann immer vertretbar, soll ein unnötiger Unterbruch der onkologischen Therapie vermieden werden.

 

NACH stattgehabter onkologischer Therapie

  • Strikte Kontrolle KVRF und gute Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen
  • Bzw. frühzeitige Detektion von möglichen KV Langzeitschäden (Survivorship-Care)

Die ESC Leitlinie Kardio-Onkologie von 2022 gibt konkrete Empfehlungen für die Betreuung von onkologischen Patientinnen und Patienten im praktischen Alltag und mit welchen Strategien das Kardiotoxizitätsrisiko minimiert werden kann.

 

Quellen/Links

 

Dr. Eva Scheler
Dr. Martin Fehr

Lizenz

Kardiovaskuläres Manual 2025 Copyright © STO und Autorenteam Kantonsspital St.Gallen. Alle Rechte vorbehalten.

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