1Warum ich erst heute auf die Idee gekommen bin, ein Grundlagenbuch über E-Books zu schreiben und zu veröffentlichen, frage ich mich selber auch. Am intensivsten befasste ich mich mit E-Books so um das Jahr 2010. Da gab es noch keine Literatur über E-Books, also habe ich mir mein Wissen selbst erarbeitet. Auf Deutsch ist meines Wissens kein Grundlagenwerk erschienen.[1] Vielleicht spielte eine Rolle, dass sich an der ETH-Bibliothek, wo ich damals arbeitete, andere Kollegen und Kolleginnen ebenfalls mit dem Thema befassten. So um 2011 wurde intern diskutiert, ob man ein Buch über E-Books schreiben solle. Ich war damals mit Change Management und Innovationsmanagement beschäftigt und habe mich bei der E-Book-Thematik zurückgehalten. Meine Vorträge zum Thema E-Books waren aber gut beachtet, und eine Weile trat ich an Konferenzen und in Weiterbildungsveranstaltungen regelässig mit solchen auf. Mehr als Folien der Vorträge und einige kürzere Beiträge in Zeitschriften und in Blogs sind aber nicht veröffentlicht worden. Wobei ich diese Beiträge zu einem E-Book zusammengefasst habe und es “still” veröffentlicht habe (Mumenthaler 2012), das heisst ohne Marketingaktivitäten und als Selbstpublikation. Und allzu sehr wollte ich mich auch nicht auf ein Thema festlegen, weshalb ich mir dann wieder neue erschloss.

2Seit ich nun an einer Fachhochschule unterrichte, ist mir aber mehrfach aufgefallen, dass Studierende sich mit dem Thema E-Books oft schwer taten. Zunächst dachte ich, dass dies damit zu tun hat, dass es mir aufgrund meines Hintergrundwissens speziell auffalle und meine Ansprüche zu hoch sein könnten. Mit der Zeit wuchs der Verdacht, dass es vielleicht auch an Grundlagen mangelt. Die Studierenden wählten veraltete oder unzweckmässige Definitionen, brachten Formate und Zugangsmöglichkeiten durcheinander und fanden sich insgesamt in der Fülle von Information zum Thema nicht zurecht. Vielleicht fehlte ihnen ja ein geeignetes Grundlagenwerk? Ich bin dann auch wieder über einen eigenen Vortrag von 2013 zum Thema „das ungenutzte Potential von E-Books“ gestolpert – und fand, dass sich seither nur wenig verändert hat. Die Forderungen gelten noch heute fast ausnahmslos. Und schliesslich habe ich ein Buch beim Verlag de Gruyter (über Innovationsmanagement in Bibliotheken) veröffentlicht, das auch als E-Book angeboten wird. Da wurde mir wieder klar vor Augen geführt, dass wir noch weit vom idealen E-Book entfernt sind. Weder die Formate noch die Form der Angebote sind nutzerfreundlich.

3Deshalb gehe ich mit diesem E-Book einen anderen Weg: Ich publiziere es als offenes E-Book und versuche damit, die Forderung nach einem idealen E-Book gleich in die Tat umzusetzen. Das bedeutet, dass ich das E-Book formatunabhängig gestalte, offen zugänglich mache und interaktiv gestalte. Ich wage hier gleich ein Experiment: im Sinne eines transparenten Schaffensprozesses und der Möglichkeit der Mitwirkung veröffentliche ich die Kapitel fortlaufend ab der ersten Version auf einer Webplattform, auf der die Leserinnen und Leser mitdiskutieren und Vorschläge einbringen können. Auch das Einbringen eigener Erfahrungen ist erwünscht: diese Beiträge werden in die Publikation integriert und schliesslich unter Namensnennung der beitragenden Person im E-Book veröffentlicht. Ich wende hier also das in der Zeitschrift Informationspraxis (deren Mitherausgeber ich bin) erprobte Open Peer Review-Verfahren auf eine Monographie an. Nach Abschluss des Verfahrens werde ich das E-Book als offenes E-Book publizieren.

4Inhaltlich gehe ich allgemein auf Grundlagen zu E-Books ein, was sowohl für Nutzerinnen und Nutzer wie auch für Anbieter von E-Books und mögliche Produzenten von Interesse sein könnte. Dann widme ich mich auch dem Thema E-Books in Bibliotheken, was vielleicht eher Bibliotheksmitarbeitende interessiert. Aber auch Nutzerinnen und Nutzer dieser Angebote können vom Hintergrundwissen profitieren, indem sie sich besser zurechtfinden und gezielter E-Books nutzen können – und vielleicht verstehen, weshalb das Angebot ihrer Bibliothek heute so gestaltet ist, wie es ist. Ich werde auch einige Tipps und Tricks zum Arbeiten mit E-Books publizieren, und da weiss ich aus eigener Erfahrung, dass viele Studierende davon profitieren dürften. Schliesslich werde ich einige Überlegungen zur künftigen Entwicklung anstellen und hier auch meine Forderungen nach dem idealen E-Book formulieren – dies wären dann die Hausaufgaben für die Produzenten von E-Books, namentlich die Verlage.

Literatur zu diesem Kapitel:

Polanka, Sue (2010): No Shelf Required: E-books in Libraries. Amer Library Assn Editions.

Polanka, Sue (2011): No Shelf Required 2: Use and Management of Electronic Books. Amer Library Assn Editions.


  1. Auch die beiden Bände von Sue Polanka "No Shelf Required" sind als Sammelbände nicht wirkliche Grundlagenwerke, die einen kompletten Überblick geben.

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