Das Interview mit Prof. Dr. Matthias Schmidt

Achim Halfmann

Prof. Dr. Matthias Schmidt auf dem CSRcamp

Seit 2015 bietet der Unternehmensethiker Matthias Schmidt an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin ein Barcamp zur gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung an. In der 2. Jahreshälfte 2021 ist eine nächste Ausgabe des CSRcamp geplant – in Kooperation mit CSR NEWS. CSR MAGAZIN fragte danach, wie CSR und das Barcamp-Format zusammenpassen. Die Fragen stellte Achim Halfmann.

CSR MAGAZIN: Was ist das Besondere an einem Barcamp? Und wie passen das Thema „Corporate Social Responsibility” (CSR) und dieses Format zusammen?

Prof. Dr. Matthias Schmidt: Wir fügen dem CSRcamp gerne das Attribut „100% Unkonferenz“ bei. Schon damit kommt zum Ausdruck, dass es sich von klassischen Tagungsformaten unterscheidet. Das CSRcamp ist ein BottomUp-Format mit Diskussionen auf Augenhöhe. Die Themen, die in den zahlreichen, etwa 60-minütigen Sessions diskutiert werden, bestimmen die Teilnehmenden selbst. Dafür gibt es zu Beginn des Camps für jeden die Möglichkeit einen kurzen Pitch zu machen und ein Thema anzuteasern. Wenn weitere Teilnehmende das Thema interessant finden, wird es aufgenommen und bekommt eine Session.

Die Teilnehmenden des Camps sind die Expertinnen und Experten. Es sind ihre Themen, die beleuchtet und diskutiert werden. So ist das CSRcamp sehr gut darin neue Anliegen zu sondieren, die die Menschen unter dem Dachthema der CSR umtreiben und bewegen. Das ist ein großer Unterschied zu klassischen Tagungen, bei denen veranstalterseitig die Vorträge organisiert und vorgegeben sind.

Zu CSR passt das Format des Barcamps sehr gut. Denn die CSR ist sehr dynamisch und entwickelt sich permanent weiter. Sowohl was die Inhalte und Bezüge als auch was die Akteurinnen und Akteure angeht. Barcamps sind sehr flexibel und interaktiv. Das kommt den Suchprozessen, in denen die CSR immer noch steht, entgegen. Man kann eigene neue Schwerpunkte anstoßen, gemeinsam weiterdenken und mit Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Bereichen und mit unterschiedlichen Hintergründen vertiefen.

Zur Diskussion auf Augenhöhe trägt wesentlich bei, dass wir während das Camps alle „per Du“ miteinander sind. Das baut Hürden ab und fördert das Gemeinschaftsgefühl. Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass es ausdrücklich erlaubt ist, während der Session in eine andere zu wechseln. So kann man sich breiter informieren, aber auch herausfinden, zu welchen Schwerpunkten und mit welchen anderen Teilnehmenden man näher ins Gespräch kommen möchte. So können weiterführenden Kooperationen und Vernetzungen entstehen.

Gerade bei dem Thema CSR ist der Dialog zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen – Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik – wichtig. Welche Gruppen erreicht Ihr mit dem CSRcamp – und welche nicht?

Das CSRcamp ist vom Grundverständnis auf einen breiten und transdisziplinären Diskurs ausgelegt. Von seiner Idee her ist es gewissermaßen ein Versuch, einen herrschaftsfreien Diskurs zu ermöglichen, bei dem die Argumente ausgetauscht und gemeinsam kritisch hinterfragt und weiterentwickelt werden.

In den vergangenen Jahren waren Vertreterinnen und Vertreter aus allen genannten Gruppierungen bei den CSRcamps. Wir gehen davon aus, dass es auch bei den kommenden Camps so sein wird. Vielleicht sollte man weniger fragen, aus welchen gesellschaftlichen Bereichen die Teilenhmenden sind, als vielmehr was sie auszeichnet: Nämlich die Offenheit, sich mit Akteurinnen Akteuren aus unterschiedlichsten Bereichen auf einen unvoreingenommenen Austausch einzulassen. Ohne Rechthaberei und ohne Konsensdruck, aber mit dem verbindenden Anliegen tätig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen zu wollen. Daraus leitet sich auch ab, wen wir nicht erreichen: Diejenigen, die sich in den Filterblasen und Echoräumen ihrer Überzeugungen eingerichtet haben und lieber Botschaften senden als Argumente hinterfragen lassen.

Das Barcamp bietet Ihr seit 2015 an. Was sind die „Lessons Learnded“ aus den bisherigen Veranstaltungen?

Es ist schön zu sehen, wie sich im Laufe der Zeit das CSRcamp etabliert hat und eine Community entwickelt. Wir haben bestätigt bekommen, dass CSR ein Prozess ist, der uns alle angeht und von allen weitergetragen werden muss. Das Camp ist ein tolles Event für einen Tag oder zwei Tage, an dem intensiv diskutiert wird und aus dem Netzwerke und Kooperationen entstehen, die weiter praktisch wirksam werden. Aber die Zeit zwischen zwei CSRcamps ist sehr lange. So kann die Dynamik verblassen.

Daraus haben wir gelernt, dass weitere unterjährige Formate wichtig für die Weiterentwicklung der diversen Schwerpunkte unter dem CSR-Dach sind. Daher werden wir schon in diesem Jahr punktuelle Diskussionsrunden durchführen, die von der Idee des Barcamps geleitet sind und die Flamme zwischen den jährlichen CSRCamps am Brennen halten.

Worum wird es in dem diesjährigen CSRcamp gehen?

Das kann man so genau nicht sagen. Denn es werden die Themen aus dem Kontext der CSR sein, die in den Pitches der Teilnehmenden zu Beginn des Camps ausgewählt werden. Allerdings haben wir ein Dachthema für dieses Jahr gewählt, zu dem wir uns schon vorab Patenschaften wünschen. Es geht um die „Große Transformation“ und was sie für die CSR bedeutet. Dabei soll auch der Schwerpunkt „Digitale Transformation – die gesellschaftliche Perspektive“ eine Rolle spielen, für den wir selbst und in Kooperation mit der Charta Digitale Vernetzung als Paten stehen.

Wie sicher ist es, dass dieses Barcamp – mit Blick auf die Corona-Pandemie – tatsächlich stattfindet?

Eventmanagement in Zeiten der Corona-Pandemie ist herausfordernd. Angesichts der gegenwärtigen Situation planen wir sowohl ein hybrides Event, welches zumindest für eine kleine Gruppe die Begegnung vor Ort ermöglicht, als auch ein reines Online-Barcamp. Gesundheit und Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmenden stehen an erster Stelle. Wir beobachten aufmerksam, wie sich die Situation entwickelt, und hoffen im April, spätestens im Mai Planungssicherheit zu haben. Das CSRcamp selbst soll im September oder Oktober stattfinden. Aktuell arbeiten wir am Relaunch der Webseite und führen erste Gespräche mit potenziellen Partnern und Sponsoren. Last but not least freuen wir uns, dass wir mit CSR NEWS auch bei den kommenden CSRcamps und den neuen unterjährigen Formaten einen hervorragenden professionellen Partner an der Seite haben. Dasselbe gilt für die Berliner Hochschule für Technik – die bis zum 30.9.2021 noch Beuth Hochschule heißt -, die uns weiterhin als Partnerin unterstützt und zum Ort des CSRcamps geworden ist.

Das CSRcamp im Internet: https://www.csrcamp.de/


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