Intrakranielle Blutung
Ätiologie
Die häufigsten Ursachen von nicht-traumatischen Hirnblutungen sind die hypertensive Blutung (Stammganglienblutungen) oder Blutungen bedingt durch Aneurysmen (Subarachnoidalblutung) resp. vaskuläre Malformationen. Die Lokalisation der Blutung liefert bereits wichtige Hinweise auf die zugrunde liegende Ätiologie.
Ätiologien intrakranieller Blutungen |
Chronische arterielle Hypertonie (typisch: hypertensive Stammganglienblutung oder Thalamusblutung mit Ventrikeleinbruch) |
Aneurysmen |
Vaskuläre Malformationen |
Gefässwandschäden bei Amyloidangiopathie (v.a. bei älteren Patienten und infektiösen Erkrankungen) |
Blutungsdiathese
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Drogen |
Sinus-/Hirnvenenthrombosen |
Schädel-Hirn-Trauma |
Metastase/Tumor |
Ischämischer Hirninfarkt mit sekundärer Einblutung |
Diagnostik
Da die Hirnblutung klinisch nicht sicher von einem ischämischen Hirninfarkt unterschieden werden kann, weicht die initiale Diagnostik nicht von derjenigen des ischämischen Hirninfarktes ab.
Diagnostik: natives CT und CT-Angiografie. Bei atypischer Blutung (thalamisch, lobär) sollte immer auch die Möglichkeit einer Stauungsblutung bei Sinus–/Hirnvenenthrombose in Betracht gezogen werden.
Entsprechend sollte die initiale Abklärung durch eine CT-Venografie ergänzt werden. Die CT-Angiografie liefert wertvolle Informationen über die Ursache (Aneurysma, AV-Malformation), aber auch über das weitere Nachblutungsrisiko (Spot-Sign).[1]
Da sich die Hirnblutung typischerweise in den ersten 24 Std. vergrössert, empfiehlt sich eine Verlaufsbildgebung nach diesem Zeitintervall.
Bei Lobärblutungen wird im Verlauf der ersten Woche die Abklärung durch eine Schädel-MRI, inkl. Hämosiderin-sensitive Sequenzen und der Frage nach Amyloidangiopathie, ergänzt. Je nach klinischer Fragestellung sollte nach Resorption der Blutung nach 3 Monaten eine Verlaufs-MRI erfolgen, v.a. mit der Frage nach Kavernom oder sonstigen parenchymatösen Blutungsquellen.
Allgemeine, konservative Massnahmen
- Intensivmedizinische Überwachung auf NIPS, CHIPS oder MIPS in Abhängigkeit von der neurologischen Symptomatik und den Vitalparametern; Zu beachten ist, dass die Kontrolle der Herz-Kreislauf-Parameter in den ersten 48–72 Std. das Outcome verbessert.
- Lagerung: 30° Oberkörperhochlagerung
- Arteriellen Blutdruck senken: rasche (innerhalb 1 Std.) Blutdrucksenkung auf systolische Werte zwischen 130 und 150mmHg (Zielblutdruck 140 mmHg). Bei Patienten, die intubiert und/oder einem neurochirurgischen Eingriff zugeführt werden den blutdrucksenkenden Effekt der Anästhetika mitberücksichtigen.
- Andere mögliche Ursachen einer Blutdrucksteigerung beheben (Schmerzen, Harnverhalt usw.)
- Prophylaxe tiefer Beinvenenthrombosen/Lungenembolien:
- Pneumatische Kompressionstherapie
- Frühzeitige (ab Tag 2) Therapie (UFH/NMH) in prophylaktischer Dosierung, Kontrolle der PiCT bzw. des Anti-Xa-Spiegels in Erwägung ziehen
- Bewusstseinsgestörte Patienten (GCS < 9) und/oder bei Schluckstörungen: Intubation, ggf. Hirndrucksonde (MIPS/CHIPS)
- Medikamentöse, nicht-operative Hirndruckbehandlung bei klinischer Verschlechterung im Zusammenhang mit zunehmendem Hirnödem: Mannitol, hypertone NaCl-Lösung und kurzzeitige Hyperventilation
- Bei Auftreten epileptischer Anfälle medikamentöse antikonvulsive Therapie in Erwägung ziehen
- Frühe Mobilisation nach 24 Std. bei stabiler Blutung und fehlendem Hinweis auf erhöhten intrakraniellen Druck
Hämostasiologische Massnahmen
Hintergrund: Antikoagulantien-Blutungen sind mit einem grösseren Blutungsvolumen[2] und einem schlechteren Outcome[3] assoziiert: Unklar ist, ob das Outcome relevant durch eine schnelle Antagonisierung verbessert werden kann.[4]