Lernen managen
14 Intelligentes LMS
Manuel Gentile and Giuseppe Città
E-Learning und Lernmanagementsysteme (LMS)
Die Zahl der Menschen, die E-Learning nutzen, wächst ständig. Der Begriff E-Learning bezieht sich auf das durch den Einsatz von Technologie vermittelte Lernen in Kontexten, in denen Lehrende und Lernende räumlich und/oder zeitlich voneinander entfernt sind. Das ultimative Ziel von E-Learning ist es, die Lernerfahrung und -praxis der Studierenden zu verbessern;
Angesichts des technologischen Fortschritts ist es heute angemessener, sich auf Systeme und Plattformen für die Bereitstellung von E-Learning zu beziehen als auf einzelne Tools. Solche Systeme sind das Ergebnis der Integration verschiedener Software-Tools, die ein Ökosystem bilden, in dem flexible und anpassungsfähige Lernpfade genutzt werden können. Ein E-Learning-System ermöglicht die Verwaltung von Lernprozessen und die Verwaltung von Kursen. Es ermöglicht die Durchführung von Lernbeurteilungen, die Erstellung von Berichten sowie die Erstellung von Inhalten und deren Organisation. Es erleichtert die Kommunikation zwischen Lehrkräften / Tutorinnen und Tutoren und Studierenden. Zu den am weitesten verbreiteten E-Learning-Systemen gehören die Learning Management Systems (LMS) (z. B. Moodle, Edmodo).
Das Akronym LMS bezieht sich auf eine webbasierte Anwendung, die dazu dient, den Lernprozess von Auszubildenden1 auf verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Bereichen und auf unterschiedliche Weise zu verwalten. Ein LMS könnte daher als eine Lernumgebung definiert werden, in der Lernaktivitäten und -tools, Bewertungsaktivitäten und -tools, Lerninhalte und Interaktionen zwischen Lernenden und zwischen Lernenden und Lehrenden implementiert und verwaltet werden. Darüber hinaus beinhaltet die Definition von LMS, dass es sich um Plattformen handelt, die im Allgemeinen ganze Kursverwaltungssysteme, Content-Management-Systeme und Portale umfassen können2.
LMS und KI: das intelligente LMS
Mit dem Aufkommen von KI werden das Bildungswesen im Allgemeinen und LMS im Besonderen zu vielversprechenden Anwendungsfeldern dieser revolutionären Technologie3. Insbesondere LMS stellen dank der von der KI unterstützten Funktionalitäten ein neues Lernwerkzeug dar, das zwei der grundlegenden Merkmale der Bildung der Zukunft erfüllen kann: Personalisierung und Anpassung4. Aus dieser Kombination von LMS und KI entsteht das Smart LMS (SLMS) oder intelligente LMS.
Generell gesprochen ist ein effizientes SLMS ein System, dessen Algorithmen Informationen aus drei grundlegenden Wissensbereichen bereitstellen und abrufen können, und zwar über: (a) die Lernenden, (b) die Pädagogik und (c) das Wissensgebiet. Durch den Erwerb von Informationen über (a) die Vorlieben der Lernenden, ihre emotionalen und kognitiven Zustände, ihre Leistungen und Ziele kann ein SLMS diejenigen Lehrstrategien (b) implementieren, die am effektivsten sind (bestimmte Arten der Bewertung, kollaboratives Lernen usw.), damit das Lernen innerhalb der spezifischen Wissensdomäne, die studiert wird (c), am fruchtbarsten ist, z. B. geometrische Theoreme, mathematische Operationen, physikalische Gesetze, Textanalyseverfahren4.
Ein SLMS kann also als ein Lernsystem definiert werden, das in der Lage ist, die den Lernenden vorgeschlagenen Inhalte anzupassen, indem es sie auf die Kenntnisse und Fähigkeiten abstimmt, die sie bei früheren Aufgaben gezeigt haben. Durch die Anwendung eines lernerzentrierten Ansatzes kann es die Lernwege der Lernenden identifizieren, verfolgen und überwachen, indem es ihre Lernmuster und -stile aufzeichnet. In Anlehnung an die Beschreibung von Fardinpour et al.5 bietet ein intelligentes LMS den Lernenden durch Automatisierung, Anpassung verschiedener Lehrstrategien (Scaffolding), Reporting und Wissensgenerierung den effektivsten Lernpfad und die am besten geeigneten Lerninhalte. Außerdem bietet es den Lernenden die Möglichkeit, ihr Lernen und ihre Lernziele zu verfolgen und zu überwachen. Auch wenn diese Funktionen und Tools das LMS intelligenter machen, muss ein SLMS den Lernenden die Möglichkeit geben, die KI, die ihren Weg verwaltet, zu deaktivieren, um vollen Zugriff auf alle Lernmaterialien in der Lernumgebung zu haben.
Einige Beispiele für KI-gestützte Funktionalitäten im Kontext eines SLMS
In der Praxis der Funktionsweise eines SLMS ermöglichen mehrere KI-gestützte Tools die Realisierung eines Systems mit den oben beschriebenen Funktionen. Solche KI-gestützten Tools bewegen sich quer zu den drei oben genannten Wissensclustern, auf die sich die SLMS-Algorithmen ständig beziehen (Lernende, Pädagogik, Domäne).
KI-unterstützte Chatbots als virtuelle Tutoren
Ein Chatbot — eine Software, die menschliche Unterhaltungen (schriftlich oder mündlich) simuliert und verarbeitet — kann im Rahmen eines SLMS die Funktion eines virtuellen Tutors übernehmen, der einerseits in der Lage ist, Fragen der Lernenden zu Lernkursen zu beantworten. Andererseits ist er in der Lage, Lernenden Vorschläge zu machen, die auf der Analyse ihrer bisherigen Leistungen und Interaktionen beruhen6.
Learning Analytics
Learning Analytics — Daten, die sich auf die Details der individuellen Interaktionen der Lernenden bei Online-Lernaktivitäten beziehen – ermöglichen es den Lehrkräften, die Fortschritte und Leistungen der Lernenden eingehend zu überwachen. Dank dieser Daten kann das System eine automatische computergestützte Aktivierung von Lernaufgaben7 implementieren, um die Aktivitäten von Lernenden zu ergänzen, die bei bestimmten Aufgaben Leistungsdefizite gezeigt haben. Darüber hinaus kann es den Lehrkräften automatisch Vorschläge zur Schwierigkeit der vorgeschlagenen Aufgaben oder zur Notwendigkeit der Ergänzung der Lerninhalte machen.
Vorteile für Lernende und Lehrende
Diese und andere KI-gestützte Tools4 tragen dazu bei, ein SLMS zu einem leistungsfähigen Lern- und Lehrwerkzeug zu machen, das nicht als Ersatz für die Arbeit einer Lehrkraft wahrgenommen wird, sondern sich als ein Werkzeug erweist, das die menschlichen Aspekte des Unterrichts8 ergänzt und eine Reihe grundlegender Vorteile für den gesamten Lern- und Lehrprozess mit sich bringen kann.
Da ein SLMS die Inhalte auf die Fähigkeiten und das Niveau Lernender abstimmt, vermeidet es, dass sie in den verschiedenen Phasen ihres Weges mit Aufgaben konfrontiert werden, die sie langweilen, weil sie zu einfach sind, oder die sie frustrieren, weil sie zu komplex sind. Dadurch wird sichergestellt, dass die Motivation und die Aufmerksamkeit der Lernenden immer auf einem hohen Niveau sind und dem Schwierigkeitsgrad der zu bewältigenden Aufgabe entsprechen. Diese Situation hat die unmittelbare Folge, dass die Abbrecherquote deutlich sinkt, denn sie ermöglicht es den Lehrkräften, etwaige Probleme rechtzeitig zu erkennen und sofort einzugreifen, sobald Lernende die ersten Anzeichen von Lernschwierigkeiten zeigen.
Solche Situationen können ebenso wie lineare (problemlose) Lernsituationen bewältigt werden, indem den Lernenden über die SLMS-Tools verschiedene Wissensinhalte angeboten werden, die bereits in den Kursdatenbanken gespeichert sind oder auch von Drittanbietern stammen. Daraus ergibt sich ein direkter Nutzen für die Lehrkraft, die nicht immer wieder neue Lehrmaterialien erstellen muss und die eingesparte Zeit für andere wichtige Tätigkeiten wie die Verfeinerung ihrer Lehrmethoden und/oder die direkte Interaktion mit den Schülerinnen und Schülern nutzen kann.
1 Kasim, N. N. M., and Khalid, F., Choosing the right learning management system (LMS) for the higher education institution context: A systematic review, International Journal of Emerging Technologies in Learning, 11(6), 2016.
2 Coates, H., James, R., & Baldwin, G., A critical examination of the effects of learning management systems on university teaching and learning, Tertiary education and management, 11(1), 19-36, 2005.
3 Beck, J., Sternm, M., & Haugsjaa, E., Applications of AI in Education, Crossroads, 3(1), 11–15. doi:10.1145/332148.332153, 1996.
4 Rerhaye, L., Altun, D., Krauss, C., & Müller, C., Evaluation Methods for an AI-Supported Learning Management System: Quantifying and Qualifying Added Values for Teaching and Learning, International Conference on Human-Computer Interaction (pp. 394-411). Springer, Cham, July 2021.
5 Fardinpour, A., Pedram, M. M., & Burkle, M., Intelligent learning management systems: Definition, features and measurement of intelligence, International Journal of Distance Education Technologies (IJDET), 12(4), 19-31, 2014.
6 HR Technologist: Emerging Trends for AI in Learning Management Systems, 2019, Accessed 31 Oct 2022.
7 Krauss, C., Salzmann, A., & Merceron, A., Branched Learning Paths for the Recommendation of Personalized Sequences of Course Items, DeLFI Workshops, September 2018.
8 Mavrikis, M., & Holmes, W., Intelligent learning environments: Design, usage and analytics for future schools, Shaping future schools with digital technology, 57-73, 2019.