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41 Offen oder geschlossen?
Open Educational Resources (OER) und ihre Geschichte
Unter Bildungsressourcen versteht man alle Materialien, heutzutage meist in digitaler Form, die in der Bildung eine Rolle spielen: Lehrbücher, Folien, Lehrpläne, Prüfungen, … Sie sind offen, wenn sie frei mit anderen geteilt werden können (eine genauere Definition folgt).
Auch wenn Bildung zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte in vielerlei Hinsicht offen war, so hat sich doch das Verständnis des Begriffs selbst entwickelt. Die folgenden Definitionen von OER und Open License wurden im Zusammenhang mit der Empfehlung vom 25. November 20191 überarbeitet:
- Offene Bildungsressourcen (OER) sind Lern-, Lehr- und Forschungsmaterialien in jedem Format und auf jedem Medium, die gemeinfrei sind oder unter einem Urheberrecht stehen, das unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurde, und die den kostenlosen Zugang, die Wiederverwendung, die Umnutzung, die Anpassung und die Weiterverbreitung durch andere erlauben.
- Eine offene Lizenz ist eine Lizenz, die die geistigen Eigentumsrechte des Urheberrechtsinhabers respektiert und der Öffentlichkeit das Recht auf Zugang, Wiederverwendung, Umwidmung, Anpassung und Weiterverbreitung von Bildungsmaterialien einräumt.
Die Begriffe offener Inhalt und OER beziehen sich auf jedes urheberrechtsfähige Werk (traditionell mit Ausnahme von Software, die mit anderen Begriffen wie Open Source beschrieben wird), das lizenziert ist, um die folgenden Rechte (auch bekannt als die 5 Rs)2 zu gewähren:
- zum Behalten: das Recht, Kopien des Inhalts anzufertigen, zu besitzen und zu kontrollieren (z. B. herunterladen, vervielfältigen, speichern und verwalten)
- zur Wiederverwendung: das Recht, den Inhalt auf vielfältige Weise zu nutzen (z. B. im Unterricht, in einer Lerngruppe, auf einer Website, in einem Video)
- zur Überarbeitung: das Recht, den Inhalt selbst anzupassen, zu verändern oder zu modifizieren (z.B. den Inhalt in eine andere Sprache zu übersetzen)
- zum Remixen: das Recht, den ursprünglichen oder überarbeiteten Inhalt mit anderem Material zu kombinieren, um etwas Neues zu schaffen (z. B. den Inhalt einzubetten)
- zur Weiterverarbeitung: das Recht, Kopien des ursprünglichen Inhalts, der Überarbeitungen oder ihrer Kombination an andere weiterzugeben.
Diese Rechte sind nicht trivial. Das dritte Recht ist beispielsweise für Lehrkräfte von grundlegender Bedeutung: die Erlaubnis, das Lehrmaterial eines anderen zu übernehmen und es an den eigenen Zweck, die Dauer und das Niveau des eigenen Unterrichts anzupassen, vielleicht auch an geografische und kulturelle Besonderheiten.
Warum KI offene Daten will
Auf der anderen Seite kann Bildung, wie an verschiedenen Stellen in diesem Buch und auch durch die finanziellen Investitionen der Industrie gezeigt, als Markt betrachtet werden. Und da maschinelles Lernen die treibende Kraft hinter der künstlichen Intelligenz ist, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die künstliche Intelligenz im Bildungsbereich Daten braucht, um zu gedeihen.
Der Unterschied zwischen Nutzer- und Wissensdaten
Es gibt zwei Arten von Daten, die KI für das Bildungswesen benötigen wird.
Daten über die Nutzenden: Wie lernen sie? Was ist der Auslöser für gutes Lernen? Was ermöglicht ein besseres Lernen? Wie Daphne Koller es einmal ausdrückte: „Machen wir aus der Bildungswissenschaft eine Datenwissenschaft!”
Diese Daten können nur von den Nutzenden selbst erstellt werden. Daher ist es wichtig, dass die Unternehmen die Plattformen besitzen, mit denen die Nutzenden interagieren sollen. Dies war der Schlüssel zum Erfolg vieler KI-Unternehmen und wird auch der Schlüssel zum Erfolg im Bildungswesen sein.
Die zweite Art von Daten betrifft das Wissen. Im Bildungsbereich stellen die Kursmaterialien einen großen Teil dieses Wissens dar. Diese Daten werden geteilt oder nicht geteilt: In den meisten Fällen wissen diejenigen, die das Wissen produzieren oder sammeln, wenig über Lizenzen, und das von ihnen produzierte Material ist in Archiven, Blogs oder innerhalb bestimmter Gruppen in sozialen Netzwerken versteckt. Ein Teil dieses Wissens befindet sich natürlich hinter Bezahlschranken und ein anderer Teil auf Websites, deren Geschäftsmodell darin besteht, das Wissen kostenlos anzubieten, aber in einem Umfeld, in dem man Werbung und unerwünschte Werbung sehen muss, um Zugang zu erhalten oder zu behalten.
Nutzerdaten müssen geschützt werden
Im ersten Fall müssen die Daten, die Nutzerdaten, geschützt werden. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Daten von minderjährigen Schülerinnen und Schülern handelt. Das bedeutet, dass die Schule oder die Lehrkraft diese Daten nicht an Plattformen weitergeben sollte, es sei denn, sie hat die ausdrückliche Erlaubnis dazu. Auch dann nicht, wenn die Plattform einen interessanten Service anbietet. Ebenso ist es nie eine gute Idee, die Namen und Adressen der Schülerinnen und Schüler für die Teilnahme an einer Aktivität zu registrieren.
Die Europäische Union hat einen soliden Rahmen zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger, ihrer Privatsphäre und ihrer digitalen Rechte geschaffen. Dieser Rahmen wird als DSGVO bezeichnet. Die DSGVO schützt die Bürgerinnen und Bürger, indem sie ihnen Rechte einräumt, die von den Plattformen gewährt werden müssen, unabhängig davon, ob sie der Bildung dienen oder nicht.
Wissensdaten sollten geteilt werden
Andererseits kann Wissen geteilt werden. Und es sollte geteilt werden. Natürlich ist das nur möglich, wenn man das Recht dazu hat, was bedeutet, dass man verstehen muss, wie Lizenzen funktionieren. Creative-Commons-Lizenzen eignen sich im Allgemeinen am besten für OER.
Sobald OER geteilt werden, kann künstliche Intelligenz von vielen Anwendungen genutzt werden, wie z.B. im X5-GON Projekt.
1 Wiley, D., & Hilton, J. (2018). Defining OER-enabled pedagogy. International Review of Research in Open and Distance Learning, 19(4).
2 Wiley, D (2014).The Access Compromise and the 5th R.
3 Unesco. (2019). Recommendation on open educational resources (OER).